Ja, Konstantin, it’s just a TV show, aber trotzdem: Ich werde ihn vermissen. Obwohl ich zugegebenermaßen nicht zu den regelmäßigen Zuschauern gehöre, hat mich die Harald Schmidt Show durch ein Drittel meines Lebens begleitet. Ich habe die allererste Sendung gesehen, als er noch verkrampft vor einem spannungsgeladenen Publikum stand und ganz Deutschland erwartete, dass er eine riesige Show macht, die noch nie jemand vor ihm gewagt hat. Stattdessen brachte er die „Knastkamera“ von Steffi Grafs Vater und enttäuschte mit schwachen Witzchen, die ihm Autoren aufgeschrieben hatten.
Niemand rechnete damit, dass die Show auch nur den ersten Monat überleben könnte, auf RTL wäre sie wahrscheinlich nach einer Woche abgesetzt worden. Harald Schmidt war aber Teil einer damals neuen Strategie von Sat.1. Der verzweifelte Versuch, große Stars von der Konkurrenz abzuwerben, misslang in den meisten Fällen. Schließlich musste mit Ulrich Meyer in den Hauptnachrichten und Harald Schmidt zu einer Uhrzeit, die jeder Quote widerspricht, vorlieb genommen werden. Als sich die Programmmacher damit abfanden, dass man um 23 Uhr keine 2-Millionen-Marke knacken kann und fünf- bis achthunderttausend Zuschauer auch ein respektables Ergebnis für eine 5-Tage-pro-Woche-Sendung sind, konnte „Dirty Harry“ seine Stärken ausspielen.
Mit der Übernahme der Produktion durch seine eigene Firma Bonito wirkte Harald Schmidt wie erlöst. Sein Image als „Dirty Harry“ verwandelte sich in den unterhaltsamen TV-Lehrer, der gerne mal mit Playmobilfiguren die Französische Revolution nachspielt. Er war der einzige Komiker, der es nach dem 11. September 2001 wagte, über den Terroranschlag zu sprechen; nein, besser: Witze darüber zu machen – und zwar gute und niveauvolle.
Harald Schmidt werden wir sicher wieder sehen. Wahrscheinlich nicht mit einer täglichen Late-Night-Show auf einem Privatsender, aber ganz bestimmt mit einem Format, das er und nur er alleine gestalten kann. Er kann sich seine Engagements inzwischen aussuchen. Und das ist gut so.