Deutschland. Ein Sommermärchen


FilmplakatDer Fußballfilm, von dem man am 4. Juli, als Jürgen Klinsmann ausnahmsweise einmal Sönke Wortmann filmte, sagte, diesen Film, ja, den muss man sich dann unbedingt ansehen, ja, mit genau der Truppe, die sich regelmäßig zum WM-Gucken verabredet hatte, den habe ich mir am vergangenen Sonntag in einem Kino angesehen, in dem ein Sitz so breit war wie meine Couch, mit Beinfreiheit wie in der Business Class und der Lizenz zum Rauchen, also im »Residenz & Rubin Filmtheater Bad Arolsen«. Als multiplex-geschädigter Kinogänger ist so ein Dorfkino ja wirklich mal ein Erlebnis. Erst zwei junge Männer verscheucht, die sich auf den Plätzen niedergelassen haben, deren Nummer auf unseren Karten stand, um danach festzustellen, dass der gesamte Kinosaal zu geschätzten zwanzig Prozent nur gefüllt war, wir also locker ganz andere Plätze hätten einnehmen können, aber nicht mehr taten, denn diese Sitze – himmlisch; will ich auch zuhause, nur mit weniger Popcorn dazwischen und Brandflecken darauf. Dass schon während der letzten Szene das Licht anging und im Nachspann die Vorhänge vor die Leinwand gezogen wurden, trübte das Kinoerlebnis nicht – denn das stellte sich während des gesamten 108-minütigen Films sowieso nicht ein.

»Deutschland. Ein Sommermärchen« ist nämlich kein Kinofilm, sondern eine Dokumentation im 16:9-Format über ein Massenereignis aus der Sicht der deutschen Nationalmannschaft. So sehr ich es bedauert hätte, hätte ich nicht die sechs Euro investiert, so sehr kann ich nachher den Film mit »gesehen und OK« abhaken. Ja, wenn er sehr wahrscheinlich kurz vor der Europameisterschaft ins Fernsehen kommt, dann werde ich ihn mir wahrscheinlich noch einmal ansehen. Aber es ist kein Film, für den man zweimal ins Kino gehen würde oder eine geile Party verpassen müsste. Es ist eine ziemlich sachliche Dokumentation mit nackten Fußballspielern, die zwar durchaus interessante Einblicke hinter die Kulissen erlaubt, aber weder Neuigkeiten zutage fördert, noch einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Sönke Wortmann hätte den Film emotionaler gestalten können, diese magischen Momente am 1:0 gegen Polen oder dem letzten gehaltenen Elfmeter gegen Argentinien als das herausheben können, was er für Millionen Deutsche war. Aber woher soll er das wissen. Dass die Nationalmannschaft vor dem Spiel um Platz 3 noch vehement darüber diskutierte, ob man sich gleich in Stuttgart oder doch in Berlin von den Fans verabschieden sollte, in völliger Unkenntnis der grenzenlosen Begeisterung, zeigt, wie abgeschieden von der Außenwelt der innere Zirkel der Nationalmannschaft agierte. Der Film zeigt aber auch, wie sehr Jürgen Klinsmann den Erfolg wollte. Er zeigt, dass Lukas Podolski und Bastian Schweinsteiger vor allem eins können: Fußball spielen. Und nicht philosophieren.

»Deutschland. Ein Sommermärchen« hält der Emotionalität in diesem Monat, von dem alle dachten, er würde Deutschland verändern, einen sachlichen Spiegel vor. Man sollte den Film gesehen haben, aber man muss es nicht sofort tun.

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