Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie die Tiere behandelt. (Mahatma Gandhi)
Ich muss oben stehendes Zitat mal wieder bemühen. Anlass dazu sind zwei kurze Notizen im aktuellen Print-Spiegel Nr. 19/2008. Es zeigt einmal wieder, wie unmenschlich wir Tieren gegenüber handeln und wie geldfixiert unsere Gesellschaft ist. So sehr, dass wir über Leichen und Leid gehen.
Fall 1 handelt vom jüngsten ICE-Unfall. Bei Fulda raste ein ICE mit Tempo 220 in eine Schafherde. Ich habe schon Würgereize bekommen, als ich die unzensierten Bilder der toten Schafe im Nachmittagsprogramm zu sehen bekam. Die Würgereize kamen allerdings nicht von der schockierenden Offenheit – die fand ich gut. Nein, ich habe mich beinahe übergeben, weil es nur darum ging, dass ein paar arme Menschlein blaue Flecken hatten, während tote Tiere im Bild waren. Nun dreht sich die Debatte darum, wie man derartige Unglücke in Zukunft verhindern kann. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder die Züge mit Rammschutz auszustatten und damit, bildlich gesprochen, an einem Samstagnachmittag mit einer entsicherten Schusswaffe durch die Fußgängerzone zu schlendern und zu hoffen, dass sie nicht aus Versehen losgeht. Oder die ICE-Trassen einzuzäunen und so zu verhindern, dass Tiere auf die Gleise gelangen, womit nicht nur viele Leben geschützt würden, sondern auch eine entgleisungsfreie Bahnfahrt garantiert werden kann.
Aber halt! Da wird doch die Rechnung ohne den Wirt gemacht! Natürlich kostet das alles Geld. Und wie es so ist in einer freien Marktwirtschaft, entscheidet die billigere Variante. Egal, welche Folgen für Leib und Leben das hat.
Die von einigen Fachleuten geforderte Einzäunung aller Schnellfahrtrassen … wäre … extrem teuer.
Das alleine ist schon starker Tobak, denn hier werden Leben mit Geld aufgegolten. Da erscheint es auch nicht mehr verwunderlich, wie egal der Deutschen Bahn Leben ist:
Bisher wird … nur bei Menschen auf den Gleisen der Verkehr gestoppt. Wenn jeder Zug bei Tieren im Gleisbett anhielte, würde gesamte Verkehr der Bahn massiv gestört.
Einzäunung? Iwo.
Gerade wieder runter mit meinem Puls blättere ich zwei Seiten weiter und lese:
Der Deutsche Tierschutzbund fordert die Bundesregierung auf, den Schweinehaltern die betäubungslose Kastration von Ferkeln zu verbieten.
Wie bitte? Ich was für einer Zivilisation leben wir eigentlich, dass wir es nötig haben, Tiere bei Bewusstsein zu quälen?
In Deutschland werden pro Jahr etwa 20 Millionen Ferkeln in der ersten Woche ihres Lebens bei vollem Bewusstsein die Hoden weggeschnitten.
Wie eklig, unmenschlich und schrecklich ist das bitte? Und wofür? Damit das Fleisch nicht nach etwas riecht, was der gemeine Fleischfresser nicht riechen mag.
Lediglich auf 32 Höfen des »Neuland«-Vereins wird nun mit Narkose kastriert.
Also, liebe Leute, wenn ihr schon unbedingt Tier essen müsst, dann wenigstens von einem Hof, der sich zumindest an die unterste Grenze von Menschlichkeit hält.
Andere Betriebe sperren sich gegen den Einsatz von Betäubungsmitteln, um Geld zu sparen. Würden die Kosten auf den Verbraucher umgelegt, müsste er pro Kilo Schweinefleisch etwa fünf Cent mehr bezahlen.
Ich bin wieder so angeekelt von dieser Gesellschaft. Gleichzeitig habe ich schon vor einiger Zeit jede Hoffnung aufgegeben, dass sich das jemals etwas ändern wird. Gerade mal zwei Prozent der Frauen und ein mickriges Prozentchen der Männer in Deutschland ernähren sich gesund, das heißt vegetarisch. Kein Wunder, wenn es immer nur um Geld geht. Die Bio-Eier kosten 30 Cent mehr? Ich kaufe Hühner-KZ-Eier. Das ohne Medikamente behandelte Fleisch kostet 5 Cent mehr? Dann halt unmenschlich gewonnenes und lebenverkürzendes Billigfleisch. Die Milch kostet 73 Cent? Frechheit! Und dann sollte ich noch 20 Cent mehr ausgeben für die Bio-Milch einer Kuh, die schon einmal eine echte Wiese gesehen hat? No way.
Ach, lasst mich in Ruhe. Ich habe ein reines Gewissen. Wer noch?
Foto: JimboJones, „Spanferkel 1“, Some rights reserved. www.piqs.de Jetzt geht’s erst richtig los!
Wer dieses Bild eklig findet, sollte mal über seine Ernährungsgewohnheiten nachdenken.