Norderney


Zugfahren ist schrecklich. Nicht nur, dass man in zahllosen Stopps die hässlichsten Ecken von Städten wie Düsseldorf, Dortmund, Duisburg, Bochum, Münster oder Recklinghausen kennenlernt. Das wirkliche Problem sind Mitreisende. Auf der Hinfahrt mussten wir viereinhalb Stunden mehrere Jugendgruppen mit Kindern im Fast-Teenager-Alter ertragen, die ohne Unterbrechung immer wieder durch unser Abteil gerannt sind und dabei lauthals schrien. Es war aber erträglicher als die heutige Rückfahrt mit dem D-Zug, der sogar eine Stunde länger benötigte. Ohne Vorwarnung saßen wir auf einmal Saufkumpanen eines Kegelklubs gegenüber, jeweils ein Radeberger in der Hand und lockere, gelallte Sprüche im Mund. Wie wir, trotz aller Versuche des Ignorierens, im Laufe des angeregten Gespräches erfahren durften, stammen die Kegelbrüder aus Aachen und haben ebenfalls eine Woche auf Norderney verbracht.

Womit ich jetzt elegant zur anderen Seite unseres Urlaubs überleiten will. Eine wunderschöne Woche Norderney liegt hinter uns und wir haben uns sehr erholt. Seit drei Jahren wieder richtig in einen Urlaub fahren, das tat gut. Die überfahrt von Norddeich nach Norderney mit der Frisia IV war dabei weniger spannend, als die Rückfahrt auf der Frisia VI, als wir wegen überfüllung die Dreiviertelstunde auf dem Oberdeck verbrachten und Claudi, dank des durch wirklich kräftigen Winds verursachten Wellengangs, ordentlich schlecht wurde, während ich beinahe euphorisch das wilde hin- und herschaukeln genoss. Norderney ist die meistbevölkerste deutsche Insel, trotzdem ist gerade einmal die Hälfte davon bebaut. Der gesamte Ostteil ist eine einzige Düne. Dafür ist der Westteil umso spannender. Man kann sich, das weiß ich jetzt aus eigener Erfahrung, innerhalb von zwei Tagen in Norderney verlieben. Und man kann mit einem Fahrrad innerhalb einer Woche jeden Winkel der Insel kennen. Es gibt einige touristische Höhepunkte und es gibt kleine, ruhige Ecken, in denen man dem Meer zuhören kann.

Das Wetter spielte in unserer Woche meistens gut mit. Zwar gab es nur an einem einzigen Tag wirklich durchgehend Sonnenschein. Die restlichen Tage aber gab es meist wenigstens keinen Regen. Der Wind wehte fast immer stark bis sehr stark, wobei wir als Festlandbewohner wahrscheinlich gar nicht wissen, was ein richtig starker Wind ist.

Nun aber sehr gerne zu einigen fotografischen Impressionen.

Norderneyer Windmühle
Norderney hat die, wie uns gesagt wurde, einzige Windmühle auf einer deutschen Insel. Leider ist die ziemlich verbaut zwischen Häusern und direkt unter ihr befindet sich ein gastronomischer Betrieb. Das hätte man besser machen können.

Wasserturm und Kap
Das Kap (rechts) ist das Wahrzeichen von Norderney und diente früher als Leuchtturm. Unten wurde Feuer gemacht und das erst aus Holz, später aus Stein und nun wieder hölzerne, auf der Spitze stehende Dreieck leuchtete dem Seefahrer die Information, dass er sich der Insel Norderney nähert. Auch die anderen Nordseeinseln hatten diese Erkennungszeichen. Der Wasserturm (links) ist von der ganzen Insel aus sichtbar und pumpt beständig das Süßwasserreservoir unterhalb der Insel ab.

Den echten Leuchtturm haben wir übrigens aus den Fenstern unserer Unterkunft gesehen. Jede Nacht blinkte er zu uns hinein. Leider ist er das gesamte Jahr 2004 eingerüstet und für Besucher gesperrt. Er wird aufwändig restauriert. Natürlich haben wir das erst nach einem Gewaltritt über zahllose Dünen bemerkt, als wir direkt davor standen. Aber wir kommen ja wieder.

Möwe
Natürlich gab es eine Menge Möwen. Für unsereins, der nur alle zehn Jahre mal ans Meer kommt, ist es ein beachtliches Schauspiel, wie sich diese Vögel mit ein paar Flügelbewegungen nach oben bewegen, um dann mit dem Wind langsam wegzusegeln oder einfach auf der Stelle zu bleiben. Die Möwe auf dem Bild ließ sich etwa einen Meter neben uns nieder und wollte nicht einmal verschwinden, als sich zwei Kameras auf sie richteten, um sie von allen Seiten abzulichten.

Am Strand
Mit Pullover konnte man sich sogar mal ein, zwei Stunden lang an den Strand legen und lesen. Wie immer haben wir natürlich die Sonne unterschätzt und durften danach einen leichten Sonnenbrand im Gesicht feststellen.

Strandkorb, Möwe und Meer
Natürlich gab es auch noch eine Menge (Achtung, Kalauer!) meer. Strandkörbe, mal fein säuberlich und, typisch deutsch, abgeriegelt (wie auf dem Bild), mal einfach in den Sand gestellt und benutzbar. Und viel Wasser, überall um die Insel herum – welch überraschung.

Schild der Milchbar
Der ultimative Tipp kam vorab von Christian. Die »Milchbar am Meer« ist schlicht die beste Lokalität, die es auf der Insel gibt. Rein zufällig am Vortag entdeckt, probierten wir sie am Mittwoch das erste Mal aus. Es war stürmisch und fing schnell an, zu regnen. Wir saßen drinnen, aßen wunderbare Gerichte und tranken wunderbare Getränke (ich empfehle den Milchkaffee, nicht den Cappuccino) und blickten hinaus aufs Meer. Bis auf eine Ausnahme waren wir dann täglich dort und ertrugen auch geduldig etliche, sich an Lautstärke übertreffen wollende Männergesellschaften, die auf weibliche Pendants trafen und wie Gockel um sie herumscharrten.

Das nächste Mal fahren wir dann wohl mit dem Auto. Vielleicht auch wieder mit dem Zug, dann aber im abschließbaren Abteil der ersten Klasse. Egal wie, auf jeden Fall werden wir wieder nach Norderney fahren.